Freidhof und Müller erinnern sich an „geile Zeiten“ mit feucht-fröhlichen Abenden
Es war Hünfelds erstes Hessenligajahr seit dem Abstieg 1975. Eine Oberliga, die noch gespickt war mit Traditionsclubs wie Darmstadt 98, FSV Frankfurt, Borussia Fulda oder eben jenem KSV Hessen Kassel.
Die Rollenverteilung vor dem Duell war so klar, wie sie es auch morgen (13.30 Uhr) im Hessenpokal-Viertelfinale der beiden Teams ist. Kassel lieferte sich einen Zweikampf mit Darmstadt um den Titel, war seit über einem halben Jahr ohne Niederlage und schickte sich an, Hünfeld endgültig in die Landesliga zurückzuschicken.
Doch der Spielverlauf war plötzlich ein ganz anderer: Der HSV führte durch Tore von Thorsten Brehler und Roman Krawczyk nach 58 Minuten 2:0 – vor allem weil Freidhof über sich hinauswuchs: „Da habe ich 1000 Arme gehabt“, schmunzelt er, um auszuführen: „Danach war es leider keine Welt-, sondern Kreisklasse.“ Gegen Tobias Nebes Anschlusstreffer noch machtlos, musste er sich die beiden nachfolgenden Tore durch Kassels Torjäger-Ikone Thorsten Bauer ankreiden lassen.
„Trotzdem waren das tolle Erfahrungen, gerade Spiele gegen Hessen Kassel oder Darmstadt 98 waren etwas ganz Besonderes“, schwärmt Freidhof, der noch heute regelmäßig einen Blick gen Nordhessen wirft: „Hessen Kassel hat eine unheimliche Strahlkraft, der HSV für mich aber auch. Das Spiel morgen hat richtig Zuschauer verdient.“
Marcel Müller wurde weiland eingewechselt und bekam es im direkten Duell mit dem in die Jahre gekommen Ex-Bundesligaprofi Slawomir Chalaskiewicz zu tun: „Der hat kein Land gesehen“, schmunzelt der heutige Trainer Künzells und erinnert sich vor allem an die Kassler Fans: „Die waren schon da, als wir uns getroffen haben. Und die haben auch während des Spiels richtig Stimmung gemacht.“ Und so gibt Müller ehrlich zu: „Gerade auswärts in den großen Stadien hast du dich aus der Provinz manchmal ganz schön klein gefühlt.“
Erinnerungen an feucht-fröhliche Abende im Kornhaus
Dass der Abstieg nach der unglücklichen 2:3-Niederlage besiegelt war, gerät beim Erinnern in den Hintergrund, überwogen haben die positiven Erfahrungen an die ganze Saison. Müller erinnert sich an Bruno Labbadia als Darmstadts Trainer, der zwei Wochen vor dem KSV auf der Rhönkampfbahn aufschlug, damals schon in der ersten Halbzeit von der Trainerbank verwiesen wurde, um nachher geduldig Autogramme zu schreiben. Auch da war Hünfeld nahe dran an der Überraschung – hatte über eine Stunde das 0:0 gehalten.
Doch gerade in den ganz großen Spielen zog der HSV immer den Kürzeren, da nutzte bei den Heimspielen auch die teils überragende Unterstützung wenig. Gegen Borussia kamen 3200, gegen Darmstadt 2200 und gegen Kassel immerhin noch 1300 Zuschauer. Die Hünfelder standen hinter ihrem Team, auch weil die Truppe abseits des Platzes harmonierte: „Wir sind nach dem Abschlusstraining donnerstags immer mit der halben Mannschaft ins Kornhaus (damalige Musikkneipe in Hünfeld, Anm. d. Red.), da wusste man manchmal freitags gar nicht mehr, wie man arbeiten soll“, erinnert sich Müller an eine „absolut geile Zeit“.
Und ganz am Ende konnte sogar ein Erfolg gefeiert werden: „Als wir vom letzten Spiel bei Eintrachts Amateuren zurückkamen, haben wir erfahren, dass Borussia Fulda keine Lizenz bekommen hat und somit noch hinter uns gelandet ist. Da sind wir in die Windmühle und haben noch ein paar Lieder angestimmt“, lacht Müller, während Freidhof bedauert: „So etwas gibt es heute leider gar nicht mehr.“