Joachim Hess prägte eine der erfolgreichsten Zeiten des Hünfelder SV
Skandale? Beim Hünfelder SV suchen sie selbst die Kritiker vergebens. „Schuld“ daran tragen in erster Linie der Vorsitzende Lothar Mihm und sein Fußball-Abteilungsleiter Joachim Hess. Hess wird sein Amt im Sommer an Mario Rohde vererben – nach 15 Jahren.
„Ralph Kraus (Projektleiter des Online-Portals Torgranate, Anm. d. Red.) hat einmal gesagt, dass es sich gar nicht lohne, über den HSV zu schreiben, weil da eh nichts passiert“, sagt Hess lachend, um damit auf den Punkt zu bringen, wie er selbst seine Arbeit verstanden hat. Grundsolide wollte er stets die Fäden ziehen, Konstanz im Bereich der Trainer, aber auch der Spieler schaffen. Nur vier Trainer waren unter seiner Ägide für die erste Mannschaft zuständig: Jürgen Krawczyk (2001 bis 2004), mit dem er einst begann, Martin Hohmann (2004 bis 2006), Oliver Bunzenthal (2006 bis 2013) und seit 2013 Dominik Weber.
„Das macht mich schon ein bisschen stolz“, sagt Hess und betont: „Es läuft nicht immer alles gerade, aber wichtig ist, dass man ehrlich zueinander ist.“ Dann, so sagt er, seien solch lange Zeitspannen möglich und – positiver Nebeneffekt – können sich sogar Freundschaften entwickeln. Wie zu Lothar Mihm. „Wir kannten uns vorher gar nicht, mittlerweile bin ich gerade in den Wechselzeiten öfters bei ihm im Büro als zu Hause.“ Ehefrau Martina wusste das stets zu unterstützen und ist längst selbst Stammgast auf der Rhönkampfbahn.
Gerade das Zwischenmenschliche war und ist dem Zahntechniker wichtig. So passiere es eben, dass man sich trennt, aber dies müsse immer sauber über die Bühne gehen. „Man sieht sich immer zwei-, dreimal im Leben. Und es gab genug Beispiele bei Spielern, die später auch wiederkamen.“
Die Spieler sind allerdings auch ein Grund, warum nun Schluss ist: „Gerade bei Wechselgeschichten bist du doch manchmal ganz schön enttäuscht. Da nehme ich auch ein bisschen was mit nach Hause“, übt der 61-Jährige leise Kritik an der Mentalität der heutigen Spielergeneration, stellt allerdings mehr als versöhlich fest: „Ich habe von den Jungs jede Menge zurückbekommen.“ Nun werde er den HSV im Hintergrund unterstützen.
Wenn Hess auf die Highlights zurückblickt, immerhin gelang dreimal (2003, 2008 und 2012) der Aufstieg in die Hessenliga, schnellen ihm Dinge in den Sinn, die nicht jeder auf dem Zettel hätte. Die Gruppenliga-Meisterschaft der zweiten Mannschaft anno 2010 zum Beispiel. Denn gerade mit Reserven sei es schwierig, die Spieler hätten sich aber stets wohlgefühlt, weil er sich eben auch intensiv um sie gekümmert habe. Von der B-Liga gelang der Aufstieg bis in die Verbandsliga. Hess wollte eine Plattform bieten, die bis jetzt unzählige Spieler zu nutzen wussten, auch wenn die Mannschaft mittlerweile wieder in der Kreisoberliga angekommen ist.
Seinen Nachfolger suchte Hess selbst mit aus und ist überzeugt, den richtig Mann an Land gezogen zu haben. Denn so wie sich Rohde seit seiner Rückkehr für den Verein einsetze, sei ganz nach seinem Gusto. Bis dahin will er seinen Job sauber zu Ende bringen, auch wenn der Abschied nicht im vierten Hessenliga-Aufstieg mündet. Dann aber, dann bleibt jede Menge Zeit für die großen Leidenschaften neben dem runden Leder: Für Musik, Skat und vor allem für die beiden Enkeltöchter.
Autor: Johannes Götze