Andreas Dulz ist ein echtes Original und unverzichtbar
Schnell noch den Kaffee auffüllen, eine Zigarette rauchen und ein Tor des HSV bejubeln: Andreas Dulz kann Multitasking. Foto: Siggi Larbig
Diesen Status hat sich „Oarl“, der Mann mit dem Glasauge, über mittlerweile 30 Jahre erarbeitet. HSV ohne Andreas Dulz ist genauso wenig vorstellbar, wie Andreas Dulz ohne den HSV. „Der Verein hält mich fit, hat mir auch während meiner schweren Erkrankung geholfen, wieder auf die Beine zu kommen“, erklärt das Unikat, das vor gut zwei Jahren die eigentlich niederschmetternde Diagnose „bösartiger Magenkrebs“ erhalten hatte.
Doch Dulz ließ sich nicht unterkriegen, bekam vollste Unterstützung seitens des Vereins und ließ mit seinem ihm ganz eigenen Humor die Prozedur – Operationen, Entfernung des Magens, Chemotherapien – über sich ergehen. „Ich bin immer noch in Behandlung, aber mir geht’s gut“, sagt er und bietet eine Zigarette an.
Den Lebensmut habe er sich nie nehmen lassen und schon gar nicht wolle er sich in gänzlichem Verzicht üben. Dafür sei das Leben wahrlich zu kurz. Jemanden, dem vor zwei Jahren nicht die allergrößten Überlebenschancen eingeräumt wurden, kauft man das ab – ohne zu überlegen. Verheiratet war der verrentete Dachdecker nie, zumindest nicht im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches. Seine Liebe gebührt vielmehr dem Fußball, insbesondere dem HSV und der Rhönkampfbahn – seit 1987.
Vertrauen wird großgeschrieben
Weiland war er als Betreuer von Blau-Weiß Großentaft aktiv, seinem Heimatverein. Und als dieser in Hünfeld, seinem Wohnort, gastierte, wollte er die Großentafter Spieler nach Abpfiff in der mittlerweile geschlossenen HSV-Kneipe „Rhöntor“ zu 15 halben Hähnchen und 30 Litern Bier einladen. Doch die Spieler hatten nach der 0:4-Pleite keine Gelüste auf die kultigen Hähnchen Berti Vollmers, sondern zogen mit leeren Mägen von dannen. Dulz lud stattdessen die Hünfelder ein, verlebte einen spaßigen Abend – und blieb bis heute.
„Die Rhönkampfbahn ist mein zweites Zuhause, ich bin dort eigentlich jeden Tag und kümmere mich um alles, worum ich gebeten werde“, erklärt Dulz recht zurückhaltend sein Aufgabengebiet, das nach der Krebserkrankung nicht mehr so groß wie früher ist. Und doch ist er auch jetzt noch derjenige, der die Arbeit verrichtet, die niemand sieht. Der „Herr der Schlüssel“ öffnet die Tore, wann immer es sein muss, er kocht Kaffee, betreut Arbeiter, ist Trikotbeauftragter, Spaßvogel und Skatkönig. Das „Mädchen für alles“, wie Mihm respektvoll darstellt. Doch Dulz ist gar noch mehr, er ist gleichzeitig größter Fan des HSV, scheint sich über die Siege der Fußballer, Handballer oder Volleyballer manches Mal sogar mehr zu freuen, als die die Spieler selbst tun.
„Vertrauen“, so sagt Dulz, sei dem Vorsitzenden Lothar Mihm besonders wichtig – und Andreas Dulz kann der HSV zu jeder Sekunde vertrauen. Und auch wenn ihm die vielleicht 500 Schritte zur Rhönkampfbahn zunehmend schwerer fallen, ist für Dulz klar: „Ich werde dem HSV so lange treu bleiben, so lange ich laufen kann.“ Ganz so, wie es sich in einer traditionellen Ehe auch gehört.
Neue Serie:
Mit der heutigen Ausgabe starten wir die neue Serie „Die gute Seele des Vereins“. Darin stellen wir Menschen vor, die für gewöhnlich nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, ihren Verein aber mit Rat und Tat unterstützen, stets anpacken und eigentlich unverzichtbar sind.
Autor: Johannes Götze