„Muss alles passen, wenn ich noch einmal den Schritt mache“
Irgendwie klingt es schon ein wenig suspekt: Marcel Hein (18) hütet im normalen Alltag den Kasten von Hünfeld. Doch vor kurzem flatterte ihm eine Anfrage des Regionalligisten TuS Koblenz ins Haus, er möge doch bitte mal zwei Tage zum Probetraining vorbeischauen. Gesagt getan. Wie es dazu kam, erläutert Hünfelds Nummer 25 im Gespräch mit unserem Online-Portal.
Hein war schon in jungen Jahren etwas näher am Traum des bezahlten Fußballs dran als andere: Der gebürtige Großenbacher wagte früh den Schritt auf das Internat von Rot-Weiß Erfurt, spielte von der U 15 bis jetzt zur U 19 durchgängig in den Landesauswahlen – entweder für Thüringen oder für Hessen. Dennoch entschied er sich vor anderthalb Jahren nach Osthessen zurückzukehren, schloss sich dem JFV Viktoria Fulda an, um ein halbes Jahr später zum Hünfelder SV zu wechseln. Dort brachte es der damals noch 17-Jährige auch auf den einen oder anderen Hessenliga-Einsatz, vornehmlich stand er aber in der Elf der Reserve, deren Abstieg auch er nicht verhindern konnte. Der Profifußball schien meilenweit entfernt.
Doch vor ein paar Wochen folgte die Einladung zum letzten Hessenauswahl-Turnier seines 96er-Jahrgangs. In Neckarsulm überzeugte Hein in zwei Spielen so sehr, dass TuS Koblenz anfragte. „Ich habe die zwei Spiele so bestritten, dass jeder zufrieden sein konnte. Der Trainer, die Mannschaft und auch ich. Eins haben wir 0:0 gespielt, eins 0:1 verloren“, erzählt Hein, der das letzte Turnier genossen hat: „Es war ein schöner Abschluss für mich. In den Auswahlen habe ich immer viele Leute kennengelernt.“
„Das ist für mich komplizierter als früher“
Und zum Abschluss auch durch Leistung überzeugt. Die Anfrage aus Koblenz ehrte Hein, der aber ganz realistisch an die Sache rangeht, auch weil er weiß: „Da sind natürlich immer Scouts bei den Turnieren. Die sprechen aber auch eher einen Spieler an, der bei einem kleinen Verein wie Hünfeld spielt, den kann man vielleicht leichter loseisen, wie einen der schon bei Darmstadt 98 spielt.“
Die Reise nach Koblenz trat Hein vor zwei Wochen dennoch gerne an: „Ich bin einer, der sich immer erstmal alles anschauen will. Ich war zwei Tage dort, konnte mit den Profitorhütern trainieren. Da bekommt man aufgezeigt, wo es noch fehlt. Aber ich hoffe, dass ich mit meiner Entwicklung auch noch nicht am Ende bin.“ Die ersten Signale kamen schon vom Südwest-Regionalligisten in Richtung des noch für die A-Junioren spielberechtigten Hein. Mit Videoanalysen seien sie aktuell beschäftigt, weiß Hein, der aber selbst wenn es positiv ausgeht nicht die Beine in die Hände nehmen würde, um nach Koblenz zu rennen: „Das ist alles viel komplizierter als früher. Da war ich Schüler und bin nach Erfurt gegangen, jetzt mache ich eine Ausbildung und die hat Priorität. Wenn ich den Schritt nochmal gehen würde, dann müsste wirklich alles passen.“
„Ich bin glücklich“
Denn Hein hat zumindest aus der Ferne beobachtet wie das Geschäft „Profifußball“ läuft: „Es ist hart und dreckig. Bei manchem habe ich gedacht, dass er es packt und der hat es nicht gepackt. Bei anderen ist es genau andersherum. Das Geschäft ist eben total schnelllebig, da kann ein Trainer genau der richtige oder genau der falsche sein. Da kommt es nur auf Kleinigkeiten an.“
Bei Julian Brandt, Levin Öztunali (beide Bayer Leverkusen), Jonathan Tah (Fortuna Düsseldorf) oder Maximilian Arnold (VfL Wolfsburg) waren es sicherlich nicht nur Kleinigkeiten – dennoch schaut Hein schon mit ein wenig Wehmut auf das Quartett, denn gegen das spielte er in aller Regelmäßigkeit mit Erfurt: „Da denkst du schon, die einen spielen Champions League oder Bundesliga und du in Hünfeld.“ Aber zu viel Wehmut dann bitte doch nicht: „Ich bin glücklich mit dem was ich habe. Im Vordergrund stehen Ausbildung und der Hünfelder SV.“
Autor: Johannes Götze